Vorwort
Ich möchte diesen Thread dazu nutzen, meine Gedanken und Impressionen bezüglich dieser Welt mit euch zu teilen. Es steht jedem frei, diesen Thread und seinen Inhalt zu ignorieren. Alle anderen sind herzlich eingeladen; Kritik und Anregungen sind ausdrücklich erwünscht.
Ich möchte mit einem Thema beginnen, das ich bei all den Klingeltönen, Bahnverspätungen und Abzocksendern komplett verdrängt habe. Diesmal ohne jeden Sarkasmus, denn das Thema an sich ist in meinen Augen Realsatire pur, auch wenn es leider todernst gemeint ist: Ich rede von der GEZ.
Zuerst für unsere ausländischen Mitleser: was ist die GEZ?
Die GEZ ist eine Institution (keine Behörde!), die im Auftrag der Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk- und Fernsehanstalten (nicht des Staates!) die Rundfunkgebühren eintreibt. Dazu muss man folgendes wissen: Das deutsche Fernseh- und Rundfunkwesen ist zweigeteilt: Auf der einen Seite die Privaten Sender, welche sich ausschließlich aus Werbung finanzieren; auf der anderen Seite die Öffentlich-Rechtlichen, die sich aus den Gebühren und Schleichwerbung finanzieren.
Jeder Deutsche, der ein Rundfunkgerät bereithält, ist verpflichtet, an die Sender Gebühren bezahlen. Dies ist geregelt im Rundfunkgebührenstaatsvertrag. Diese Gebühren werden von der GEZ eingetrieben.
Damit wären wir auch schon bei
Problem Nr. 1: Die Philosophie der GEZ
Die GEZ hat eine ganz einfache Logik: Jeder, der nicht an die GEZ zahlt, ist ein potentieller Schwarzseher. Die Unschuldsvermutung, die Grundlage für jeden ordentlichen Rechtsstaat ist, wird einfach ausgehebelt. Doch woher bekommt die GEZ überhaupt ihre Daten und weiß, wo Herr Mustermann, ein potenzieller Schwarzseher, wohnt? Das bringt uns zu
Problem Nr. 2: Die Datengewinnung
Die GEZ besitzt die Adressen von nahezu jedem Bundesbürger. Diese bekommt sie von Privatmännern, aus dem Telefonbuch und leider auch von den Einwohnermeldeämtern (außer in drei Bundesländern). Man sieht: Der GEZ kann niemand entrinnen. Dass diese Methoden juristisch mehr als fragwürdig sind, versteht sich von selbst. Nicht umsonst bekam die GEZ 2003 den „Big Brother Award“ für Ihr „Lebenswerk“ von der DVD.
Jetzt werden die riesigen Datenmengen mit den Daten der zahlungswilligen Deutschen vergliche, und wer nicht auf dieser Liste steht, ist (richtig!) ein potenzieller Schwarzseher. So wie der Herr Mustermann. Nun bekommt der Herr Mustermann ein paar Briefe zugestellt, die im Tonfall mehr als ausfallend sind. Dass Herr Mustermann nicht gezwungen ist, auf diese Briefe zu antworten, wenn er kein Rundfunkgerät besitzt, sagt man ihm leider nicht.
Sollte Herr Mustermann nicht auf die Briefe antworten, bekommt er in Kürze Besuch von persönlichen „Beratern“. Diese sind
Problem Nr. 3: Die GEZ- Fahnder
Die Herren von der GEZ werden nach Provision bezahlt, sind also ganz begierig darauf, Herrn Mustermann zum mustergültigen GEZ- Zahler zu machen. Die Herren gehen dabei in einer Art und Weise vor, die man nur als rechtswidrig bezeichnen kann. Einige Beispiele:
• Es wird wahrheitswidrig behauptet, man besäße hoheitliche Rechte (das ist völliger Schwachsinn; die Herren besitzen so viele Rechte wie meine abgeschnittenen Fußnägel)
• Angeblich hätte ein Peilwagen ein Rundfunkgerät geortet (einfach nur erlogen; siehe auch hier)
• Es wird perfider: Eine Fernsehzeitschrift wird angeboten oder man wird gefragt, wie einem „Wetten, dass“ gestern gefallen hat.
• Die nächste KFZ- Stelle wird aufgesucht und gefragt, ob man denn ein Auto angemeldet hätte (Autoradios sind ebenfalls gebührenpflichtig).
• Oder aber die lieben Nachbarn werden nach den Sehgewohnheiten ausgefragt.
Die Liste ließe sich beliebig weiterführen. Darauf will ich verzichten und mich zwei noch grundsätzlicheren Problemen widmen:
Problem Nr. 4: Die Sinnhaftigkeit der Gebühr
Deutschland ist ein demokratisches Land. Unverzichtbar ist dafür eine unabhängige Medienlandschaft. Aus diesem Grunde wurde der Öffentlich- Rechtliche Rundfunk geschaffen. Dagegen ist auch nichts einzuwenden. Doch wenn ich mir die deutsche Medienlandschaft anschaue, stelle ich fest, dass die Öffentlich- Rechtlichen nicht zu meinen Wissens- und Informationsquellen gehören. Ich halte es daher durchaus für gerechtfertigt, die Frage aufzuwerfen, ob ein gebührenfinanziertes Fernsehen überhaupt zwingend notwendig ist.
Eines der Hauptargumente für die Gebühr ist die Unabhängigkeit der Sender. Auch das bezweifle ich. Tatasche ist, dass die GEZ- Gebühren etwa 80% der Finanzen stellen, der Rest wird durch Werbung in jeglicher Form verdient. Warum überhaupt benötigen ARD und ZDF diese Werbung, wenn die GEZ jedes Jahr mehr als 6,6 Milliarden € einbringt? Und wieso wird das Werbeverbot nach 20 Uhr so offensichtlich und eklatant verletzt, sei es durch angebliche Gewinnspiele (gewinnen sie dieses Auto oder diese Fernsehzeitschrift), durch Formen der Präsentierung (Harald Schmidt wird ihnen präsentiert von…) oder durch Schleichwerbung bei „Wetten, dass…“?
Die Unabhängigkeit der Medien bestreite ich sowieso. Fälle wie die gekauften Drehbücher bei Marienhof sind nur die Spitze des Eisberges. Und dass die Boulevardmagazine (Leute heute, Hallo Deutschland, Brisant…) mehr als deutlich mit BILD und Co kooperieren, um „Synergieeffekte“ hervorzurufen, zähle ich auch darunter.
Problem Nr. 5: Die Frage nach der Grundversorgung und die Arroganz der Macht
Kommen wir zu einem Thema, dass mich besonders interessiert: Der Grundversorgung.
Lieber erkläre ich euch die Begriffe „Menschenwürde“ und „Treu und Glauben“, als dass ich mich an den Begriff der „Grundversorgung“ wagen würde.
Das Bundesverfassungsgericht hat 1986 diesen Begriff „definiert“: Danach umfasst die Grundversorgung"die essentiellen Funktionen des Rundfunks für die demokratische Ordnung ebenso wie für das kulturelle Leben in der Bundesrepublik. Darin finden der öffentlich-rechtliche Rundfunk und seine besondere Eigenart ihre Rechtfertigung".
Ich sehe darin einen Freibrief für den Öffentlich- Rechtlichen Rundfunk, zu schalten und zu walten, wie es ihm gefällt. Anstatt sich der Höhe der Gebühren anzugleichen, werden die Gebühren in die Höhe geschraubt, um die unendlichen Ansprüche zu erfüllen (ich verweise auf diesen Link)
Leider schaffen es weder die Landesmedienanstalten, weder die KEF noch die Gerichte, diesen Ansprüchen einen Riegel vorzuschieben. Stattdessen erweitert der Krake ÖR-Rundfunk sein sowieso schon voluminöses Programm und bereichert es mit Sendern wie EinsPlus, EinsExtra, EinsFestival.
Die Arroganz der Macht geht noch weiter. Aktuell klagt das ZDF vor dem BVerfG, dass die Gebührenerhöhung um 88 Cent bei weitem nicht ausreichen würde, um die „Unabhängigkeit“ der Sender zu gewährleisten ([URL=http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,404625,00.html]Link[/URL]). Vielleicht kann mir einer von euch diese Logik näher bringen, meine geistigen Kapazitäten reichen dafür nicht aus.
Problem Nr. 6: Gebühren für Internet-PCs
Kommen wir zu einem Thema, das noch nicht ganz in das Bewusstsein der Bevölkerung gedrungen ist. Ab 2007 werden GEZ- Gebühren für Internet-PCs fällig.
Um ganz korrekt zu sein: Internet-PCs sind seit 2004 gebührenpflichtig. Jedoch besteht derzeit eine Gebührenbefreiung. Diese Regelung läuft am 31.12.2006 aus. (Siehe auch hier und vor allem hier).
Dann dürfen deutsche Internetbenutzer wie ich, die sich mit voller Absicht komplett von Fernsehen und Radio entfernt haben, zur Kasse gebeten werden, schließlich ist es potenziell möglich, über das Internet Dienste der ÖR Rundfunkanstalten zu benutzen. Was diese Dienste dort überhaupt zu suchen haben, will mir ebenfalls nicht in den Sinn.
Da ich versprochen habe, meinen Zynismus in Zaum zu halten, verkneife ich mir hier jeglichen Kommentar. Erwähnenswert ist noch, dass auch fernsehtaugliche Handys unter diese Regelung fallen. Es bleibt zu hoffen, dass die GEZ durch diese Entscheidung den Bogen mehr als überspannt hat und die Bevölkerung wachgerüttelt wird.
Kurzes Resümee
Seit ihrer Gründung im Jahre 1976 hat sich die GEZ einen Ruf in Deutschland geschaffen, der sogar den der „Deutsche Bahn“ und „Telekom“ in den Schatten stellt. Und das vollkommen zu Recht. Nirgendwo wird in einer derartigen rechtlichen Grauzone gearbeitet wie bei der GEZ.
Ich möchte als Abschluss noch zwei Fragen in den Raum werden, die sich mir einfach stellen:
Warum soll ich mich rechtmäßig verhalten und Gebühren zahlen, wenn es die GEZ nicht tut? Und wieso werde ich (als Radio- und Fernsehverweigerer) trotzdem wie ein potenzieller Schwarzseher behandelt, mit dazu gehöriger „Sonderbehandlung“ seitens der GEZ?
Sollten noch Unklarheiten oder Diskussionsbedarf bezüglich Alternativen bestehen, bin ich gerne bereit, auf diese einzugehen.
Bis demnächst. Dann wahrscheinlich über das Thema FIFA- Fußballweltmeisterschaft, und wie sie durch den Kommerz zugrunde gerichtet wird.
Euer
Dainem
P.S. eine Prise Sarkasmus muss trotzdem erlaubt sein, aber wie versprochen nicht von mir, sondern von einem gewissen Herrn Kalkofe: Dem Link folgen und dann auf GEZ klicken.
P.P.S. Wie wird das ganze bei unseren Nachbarländern geregelt?