• Letztes Wochenende war ich in Belfast.


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    Wir sind auf dem George Best Belfast City Airport, gleich hinter den Docks gelandet.


    Etwas müde, immerhin sind wir um halb vier Ortszeit aufgestanden, sind wir zur Tourist-Info gegangen und haben nach Abendveranstaltungen Ausschau gehalten. Eigentlich haben wir nicht viel erwartet, weil wir vorher online auch nichts großartiges gefunden hatten. Wir haben uns dann für die Göttliche Komödie im Queen's College entschieden. Die Karten gabs nur im Virgin Megastore.


    Anschließend sind wir ein bißchen shoppen gegangen, bei Debenhams. Kurz vor zwölf kam eine Ansage, man bitte alle Kunden die zwei Schweigeminuten zu respektieren. WTF?


    Draußen hatte ich die Schlagzeilen gesehen: Belfast stands still on Armistice. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass mir nicht genau bewusst war, was der Armistice Day ist. Zu meiner Entschuldigung kann ich nur vorbringen, dass meine Tage als Anglist schon einige Jahre zurück liegen und ich jetzt etwas ganz anderes mache. Ging es hier um das Gedenken an irgendein Attentat? Musste man sich vor den Unionisten oder vor den Republikanern in Acht nehmen?


    Als wir aus dem Kaufhaus kamen, waren gepanzerte Polizeifahrzeuge aufgefahren. In der Ferne hörte man Trommeln und Pfeifen, aber um uns herum schienen die Leute noch ruhig zu sein. Inzwischen war mir aufgefallen, dass viele Leute mit Mohnbüten am Revers herumliefen?


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    Es war Veteranentag, an dem überall im Commonwealth an die Gefallenen der Weltkriege gedacht wird. Für die Rechtsradikalen Unionisten ist das natürlich ein Anlass zum Marschieren.


    The Armistice


    Nach dem Aufmarsch dieser Betonkopffraktion mit grimmigen Gesichtern und nicht wenige dabei hinkend, als hätten sie noch jede Menge Schrapnell in den Beinen, war mir nicht mehr nach einer Taxifahrt durch Nordbelfast.


    Inzwischen konnten wir auch ins Hotelzimmer und ein bißchen Schlaf nachholen.


    Hotel


    Wirklich nettes Hotel in einer Gegend, die offenbar sehr vom Frieden profitiert hat.


    Chic


    Gleich daneben liegt das Queen's College.


    Queen's College


    Queen's College


    Das traf sich gut. So mussten wir abends nur fünf Minuten nach Hause laufen. Wie gesagt, wir hatten Karten für The Divine Comedy und wie wir gehofft hatten, war es nicht Dante, sondern eine meiner Lieblingsbands.


    Das war eindeutig das zweitbeste* Konzert, das ich erlebt habe. Die Jungs kommen aus Nordirland, es war das vorletzte Konzert der Tour und ein Heimspiel. Wer Neil Hannon kennt, der weiß, dass er nicht nur eine Erzählstimme zum Hinschmelzen hat, sondern auch Humor und beides gerne einsetzt, wenn das Publikum ihn versteht. Leider hat er sich in Berlin immer etwas zurückgehalten.


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    Am Sonntag habe wir dann eine Stadtrundfahrt mit dem Bus gemacht, die natürlich auch durch die Shankill Road mit den berühmten Wandmalereien führte.


    Shankill Road


    Anschließend ging es durch die parallel(!) führende Straße, die die Hochburg der Republikaner ist. Dazwischen ist eine Peaceline, eine hohe Absperrung, deren Tore von Freitagabend bis Montag früh geschlossen sind.


    Peacelines


    Offenbar bricht der Konflikt vor allem nach vermehrtem Alkoholkonsum aus und wenn dann die Absperrung im Weg ist, verschiebt man die Krawalle auf das nächste Mal.


    Charakterfehler


    Das spezielle Gefängnis ist inzwischen stillgelegt. Am Ende der Straße auf der republikanischen Seite ist links ein viktorianisches Gerichtsgebäude und auf der anderen Straßenseite das Gefängnis. Man muss sich das mal vorstellen. Freitag einen Molotowcocktail geworfen, findet man sich am Samstag beim Schnellgericht wieder und sitzt dann keine 100 Meter entfernt von der eigenen Familie im Knast (zusammen mit Onkel Seamus).


    Gruselig


    Ansonsten hat mir vor allem die Markthalle gefallen. (Das Bild ist so schlecht, weil es geregnet hat und in der Halle ein ernormer Dunst war.)


    Markthalle


    Der Markt ist nicht ganz so riesig wie in Riga (meine Empfehlung), aber es wäre schön, wenn wir etwas vergleichbares in Berlin hätten. Das KaDeWe ist nicht ganz dasselbe (obwohl auch gut).


    Markthalle


    Die Tour mit dem Bus war wirklich unterhaltsam. Der Guide hat vor allem den NI-Konflikt mit viel Humor genommen. "Das ist das häßlichste Gebäude in Belfast, aber keiner ist auf die Idee gekommen DA mal eine Bombe zu legen."


    Das Werftgelände, das jetzt Titanic-Quarter heißt, haben wir uns auch angesehen. Viel gibt es noch nicht zu sehen, obwohl die Stadt schon kräftig damit wirbt. In Zukunft möchte man eine Titanic nachbauen und ein Museum im alten Verwaltungsgebäude der Werft bauen. Vielleicht wirds in Zukunft ja mal attraktiv. Wenn ich noch einmal nach Nordirland fahre, werde ich aber außerhalb der Stadt eine Unterkunft mieten und vielleicht mal reinfahren. Am Horizont sieht man beeindruckende Hügel, obwohl die Stadt selbst ziemlich eben ist.


    Hügelig da.





    *Ich glaube nichts kann die Pogues mit Joe Strummer schlagen.