Xenos Geschichten [Stand: 02. April 2012]

  • Ich habe heute aus Jux und Langeweile bei einem langen Leerlauf auf der Arbeit mal wieder eine Kleinigkeit geschrieben. Ging schnell von der Hand, also verzeiht eventuelle Fehler. Viel Spass beim lesen! :D


    Eine Nacht in Muschelfels
    Teil I – Jagd


    Das Gelände des alten Tempels war riesig, trotzdem konnte Feros auf die Schnelle kein geeignetes Versteck finden und hörte wie seine Verfolger immer näher kamen. Aufgeregte Rufe deuteten darauf hin, dass sie ihn entdeckt hatten. Ein schneller Blick zurück bestätigte diese Vermutung. Die dunkel gekleideten Verfolger bogen soeben um eine Ecke des Tempels und riefen aufgeregt durcheinander. Feros hatte keine Chance mehr, sich hier draußen zu verstecken. Seine Abdrücke im Schnee würden jedes potentielle Versteck sofort verraten. Seine einzige Chance war der alte Tempel. Er lief schnell an der Seite des Gebäudes weiter, bog um die nächste Ecke und stürmte ohne viel darüber nachzudenken auf die nächste Tür zu, in der Hoffnung sie würde sich öffnen. Für den Bruchteil einer Sekunde prallte Feros gegen die Tür und dachte bereits sie wäre verschlossen, als er einen Moment später krachend auf den Fliesenboden der Küche landete, die sich hinter der Tür verbarg. Seine Verfolger würden seine Schritte bis hier verfolgen können, aber innerhalb des Tempels würde er sicher in gutes Versteck finden. Er hört Rufe hinter sich und schlich sich vorsichtig durch die Küche zur nächsten Tür und sah hinein. Der Qualität der Betten nach zu urteilen waren dies einst Diener- oder Wachquartiere. In diesem Raum, der durch ein Fenster von der Abenddämmerung in sanftes Licht getaucht wurde, gab es allerdings kaum eine Möglichkeit sich zu verstecken. Er drehte sich schnell um, schloss die Tür und kletterte in der gefühlt dunkelsten Ecke auf eines der oberen Doppelbetten und kauerte sich an die Wand. Dann wartete er.


    Die Gruppe, die ihn verfolgt hatte, polterte lautstark in die Küche des alten Tempels. Was Feros auf die Schnelle nicht wahrgenommen hatte, blieb den Verfolgern nicht verborgen. Die Küche eines Tempels, zuständig für viele hungrige Seelen, war durchaus beachtlich an Größe und es gab viele Türen in andere Räume. Die Gruppe, durchweg dunkel gekleidet wie Diebe, stand eine Weile in der Küche, beriet sich und teilte sich dann auf. Jeder der fünf sollte sich eine andere Richtung vornehmen. Wie durch einen glücklichen Zufall blieb der Raum, in dem Feros sich versteckt hielt, dabei außen vor.


    Auf der einen Seite war Feros erleichtert das die Verfolger ihn nicht gefunden hatten, auf der anderen Seite gefiel ihm nicht, was er hörte: Die Gruppe hatte sich aufgeteilt. Unter seinen Männern war Feros der sportlichste, aber nicht der geschickteste im Umgang mit Waffen. Genau wie der Rest seiner Leute war es aber seine Pflicht, die Verfolger aus dem Weg zu räumen. Genau wie es diese mit Feros und seinen Leuten machen wollten. Allerdings hatte er schon lange keinen Kontakt mehr zu einem Mitglied seiner eigenen Gruppe und wusste daher auch nicht ob sie schon erwischt wurden oder nicht. Nichtsdestotrotz, jetzt wo er nicht mehr von der gesamten gegnerischen Gruppe gejagt wurde, konnte er versuchen einen nach dem anderen auszuschalten. Er lockerte seinen Bogen, stets griffbereit, und verließ langsam die Quartiere in denen er sich versteckt hatte. Die Dämmerung überzog nun schon ganz Muschelfels.


    Sein erstes Opfer stand direkt in der Küche. Nachdem er vorsichtig die Tür öffnete, sah er einen seinen Verfolger mit dem Rücken zu ihm stehend in der Eingangstür der Küche. Es sah fast so aus, als wäre der Verfolger vom Farbspiel auf dem Schnee verzaubert worden. Feros zögerte nicht lange, er zog seinen Bogen, zielte und traf. Es war knapp, aber er traf. Mit einem erschrockenen Aufschrei, Feros stellte fest dass es eine Frauenstimme war, ging die Verfolgerin zu Boden. Es gab also nur noch vier Gegner. Vielleicht weniger, falls seine Leute noch irgendwo rumlaufen sollten.


    Er drehte sich um und suchte sich eine der vielen Türen aus. Er lugte vorsichtig in den Raum und blickte in eine Art Flur. Holzboden, mit Teppich belegt. Da würde er leise vorwärts kommen können. Seine Gegner aber leider auch. Vorsichtig schlich er sich den Flur entlang, aufmerksam horchend. Als er das Ende des Flures erreicht hatte, hörte er ein Gerangel über sich, höchstwahrscheinlich im nächsten Stockwerk. Zuerst hörte er eine vertraute Stimme, einer seiner Leute, Tim, rief begeistert „Hab ich dich erwischt, Schwarzkutte!“. Feros wusste nun also dass er es nur noch mit drei Gegnern zu tun hatte, vielleicht auch wieder weniger, und dass mindestens einer seiner Männer noch hier war. Doch das Gerangel ging weiter. Tim setzte zu einem lauten Fluch an, wurde jedoch durch das surren eines Bogens unterbrochen. Kurz darauf fiel etwas auf den Boden und es herrschte Stille über Feros. Sie hatten Tim erwischt. In Gedanken versunken stand er noch an der Tür, unfähig sie zu öffnen, als seine Gedanken schlagartig unterbrochen wurden. Direkt neben ihm schlug ein Pfeil in die Holztür ein. Erschrocken drehte er sich um und sah zwei seiner Verfolger auf sich zurennen. Klar, sie hatten das Gerangel auch gehört. In so einem leeren, verlassenen Tempel hallt es ganz schön laut. Schnell riss Feros an der Türklinke und lief durch. Er dachte nun nicht mehr nach, er wollte nur schnellstmöglich ein neues Versteck finden. Er lief eine Treppe hoch, die plötzlich neben ihm erschien, rammte einen Stock höher den dritten der verbliebenen Schwarzkutten aus dem Weg der gerade die Treppe runtergehen wollte, sprang über Tim und lief ohne sich noch einmal umzudrehen durch die Gänge und Räume des oberen Stockwerkes. Doch seine Verfolger waren ihm nun dichter auf den Fersen als je zuvor. Pfeile flogen an ihm vorbei, verfehlten ihn oft nur ganz knapp. Irgendwann erreicht er eine Tür die nach draußen führte, dahinter ein Holzsteg der das große Tempelgebäude mit einem kleinen Nebengebäude verband. Als er schon fast auf der anderen Seite war geschah jedoch das Unglück. Der alte Holzsteg gab nach und Feros stürzte einen Stock weit nach unten, landete aber unverletzt im weichen Schnee. Er sah wie seine Verfolger aus der Tür stürzten und zu ihm runterblickten. Alle drei fingen bei Feros Anblick an zu lachen. Aber er wolle ihnen zeigen wer zuletzt lacht. Liegend schnappte er sich seinen Bogen und schaffte es, einen der dreien zu erwischen. Die verblieben zwei hörten sofort auf zu lachen, sprangen ebenfalls in den Schnee und kamen langsam auf Feros zu.


    Es war nun unmöglich noch zu entkommen. Er hatte verloren. Es sei denn die anderen würden noch hier irgendwo rumlaufen. Als ob er Feros Gedanken lesen würde sagte einer der Schwarzkutten daraufhin: „Tut mit Leid, du bist der letzte. Alle anderen haben wir schon erwischt. Ihr habt verloren!“. Mit ernstem Blick hob er seinen Bogen vor Feros Brust, zielte, spannte die Sehne und Sekunden später flog der Pfeil los. Feros spürte den Aufprall, schloss die Augen und fühlte nur noch eisige Kälte um sich herum. Sie hatten tatsächlich verloren. Zum ersten mal.


    Durch die Kälte des Schnees fühlte es sich an wie Minuten, doch es waren nur wenige Sekunden bis eine der Schwarzkutten Feros, der seine Augen wieder geöffnet hatte, an der Hand griff und hochzog. Unter ihm entstand der Abdruck eines Kindes im Schnee. Er klopfte den Schnee von seinem Stadtwachenkostüm und fing an zu lachen. Die beiden Schwarzkutten fielen mit ein. Daraufhin bogen auch die restlichen Schwarzkutten und Feros Leute, darunter Tim, um die Ecke. „Das war ein tolles Spiel!“, rief Tim, „Wer hätte gedacht dass ihr mal gewinnt? Ich hab noch nie gesehen das ihr uns so schnell außer Gefecht setzt!“. Die Kinder in den schwarzen Kostümen fingen an zu lächeln. Makesh, der Junge der Feros „erschossen“ hatte, bat daraufhin um seine haftenden Pfeile. Da die „Gefallenen“ die Aufgabe hatten, die verschossenen Pfeile wieder einzusammeln, bekam er auch fast alle wieder. Ein bisschen Verlust gab es schließlich immer. Gemeinsam verließ die Gruppe der zehn Kinder das Gelände des alten Tempels und machten sich auf den Weg nach Hause. Die Sonne war nun fast hinter den Klippen von Muschelfels verschwunden und setzte diesen noch eine letzte, gelbe Krone auf. Die Nacht war hereingebrochen. Eine Nacht, die noch viele Geschichten erzählen sollte.



    Zwei Strassen weiter, im Wirtshaus „Zum glänzenden Abend“, packte sich eine dunkle Gestalt ihre Ausrüstung zusammen und verließ das Wirtshaus kurz darauf wieder. Vor den Toren des alten Tempels blieb die Gestalt stehen und schaute sich einmal kurz um bis man nur noch ein in die Nacht gemurmeltes „Ab ans Werk!“ hören konnte und die Gestalt in den Schatten verschwand.